Sieben Fragen an Ruth Lahrmann

1. Wie und warum bist Du Künstlerin geworden?

Nach meiner handwerklichen Ausbildung zur Steinmetzin und Steinbildhauerin und sechs Jahren Tätigkeit in der Dombauhütte in Xanten habe ich mich für die Weiterbildung zur Gestalterin mit Schwerpunkt Bildhauerei an der Werkkunstschule in Flensburg entschieden, weil mir das Eigenschöpferische fehlte. Die Werkkunstschule bot mir die Möglichkeit meine handwerkliche Ausbildung in eine bildhauerisch-gestalterische Richtung zu erweitern um eigene Ideen umsetzen zu können.
2. Gibt es ein Kunstwerk, eine Ausstellung, einen Künstler oder eine Künstlerin, die für Dich von besonderer Bedeutung ist?

Während meiner Zeit an der Werkkunstschule waren es besonders die Stahlbildhauer, die mich interessierten: Serra, Chillida, Prager, Nierhoff, Lechner und andere. Als ich nach Kassel kam, habe ich oft das documenta-Archiv besucht und mich über weitere bildhauerische Positionen informiert. Später haben mich die Arbeiten von Eva Hesse sehr interessiert, weil sie sich für den innovativen Einsatz von Materialien für ihr Schaffen begeisterte.
3. Denkst Du viel über Kunst nach? Was bedeutet das für Deine Arbeit?

Nach Ausstellungsbesuchen oder im Austausch mit Kollegen denke ich über Intentionen und Arbeitsansätze nach und reflektiere das auch in Bezug zu meinen eigenen Werken.
4. Hat Kunst einen Auftrag, einen Zweck, ein Ziel? Zum Beispiel gesellschaftlicher oder politischer Art?

Das hängt immer vom Standpunkt des „Künstlers“ ab und was ihr oder ihm wichtig ist. Ich schließe mich der Aussage von Paul Auster dazu an: „Der wahre Sinn der Kunst liegt nicht darin, schöne Objekte zu schaffen. Es ist vielmehr eine Methode, um zu verstehen. Ein Weg, die Welt zu durchdringen und den eigenen Platz zu finden.“
Ruth Lahrmann, Skulptur aus der Serie „fake news“
5. Gibt es gute Kunst oder ist das alles bloß „subjektiv“?

Gute Kunst ist manchmal vielleicht rätselhaft, lässt einen nicht los, ist nicht banal und oberflächlich, fordert zum Nachdenken auf.
6. „Ich kenne kein Weekend“ heißt es bei Joseph Beuys. Hast Du manchmal „kunstfrei“?

Klar, auch die „Künstlerin“ braucht Erholung, Muße um sich auch von anstrengender körperlicher Arbeit zu erholen. Wenn es gut läuft, kommen dann in dieser Zeit auch neue Ideen. Wie viele Künstler habe ich auch andere Tätigkeitsfelder, mit denen ich meinen Lebensunterhalt bestreite. Manchmal ergeben sich daraus Ansätze, die ich künstlerisch umsetzen kann. Beispielsweise habe ich schon in der Restaurierung mit Materialien gearbeitet, die sich auch für die Produktion von Kunstwerken verwenden lassen.
7. Was wärst Du geworden, wenn Du keine Künstlerin geworden wärst?

Ich bevorzuge für mich die Bezeichnung „Bildhauerin“. Die Entscheidung habe ich früh getroffen und wenn es auch manchmal schwierig war, konnte ich mir nie eine Alternative vorstellen.